Bleibt nur die Vernunft?

von Rainer

Endlich brauche ich keinen Gott mehr, ich habe ja die Vernunft gefunden. Welch eine Befreiung aus religiöser Erziehung bei der ersten Beschäftigung mit den Kant’schen “Kritiken” – Ethik qua Verstand und ohne Priester – einfach nur Denken…

Verstand zu haben, einzusetzen mit dem Ziel der Vernunft, sucht nur wieder nach etwas endlichem. Dem einfachen, bestimmten, bestimmenden, auf das alle Entscheidungen bewertbar möglich werden. Vernunft wird das, womit ein (politischer) Rationalist umgehen kann bzw. darf.

Klar, bestimmt, logisch!

Kants „kategorischer Imperativ” gaukelt vor, es gebe etwas „höheres“ im „inneren”, dass sich mehr oder weniger automatisch einstellt und Gültigkeit für alle / alles bekäme frei von Wünschen, frei von Begierden und Trieben, einfach eine Art Reflexion „Gottes“ als natürliches Maß, respektive logische Größe, ohne Gott, aber genauso bestimmend.

Vernunft geriert zum Religionsersatz, zur Metaphysik.

D.h. aber nur, dass die Vernunft nicht das letzte Maß der Urteilskraft ist der Vernunft bleibt noch eine lebensbestimmende Größe, um Beziehungen und Verhältnisse auf realitätsnahe Entscheidungen zu trimmen.

Wenn Vernunft aber nicht der letzte Grenz- bzw. Meilenstein einer Gesetzlichkeit der Urteilsfähigkeit ist, dann ist die Vernunft auch nicht das Ende der Überlegungen.

Wir fingen an zu fragen, Antworten zu suchen und kamen zu Erkenntnis, dass die Fragen entscheidend sind, da sie die Antworten implizieren [siehe dazu an anderer Stelle].

Zu fragen bedeutet aber sich bewegen zu beobachten, zu unterscheiden und das neue / andere zu erkennen. Also kann die Bewegung nicht bei der Vernunft stehen bleiben – das Fragen selber ist der Sinn und eventuelle Antwort auf die Richtung des Weges.

Vernunft verbleibt als ein schwaches Gleitmittel, Richtungsgeber, nur für den „Alltag“ bestimmt, wo Logik vonnöten und sichtbarer Vergleich zwischen richtig und falsch (gut und böse) notwendig ist.

Vernunft reicht aus, um zu entscheiden, ob man an der Straße wartet bis das Auto vorbeigefahren ist, ob man mehr Geld ausgeben will als man kann ob das Ich wichtiger als das „Allgemeinwohl“ ist

Vernunft verhindert das Chaos!

Vernunft hilft die Bandbreiten zu ermitteln und sich zu bescheiden – Vernunft ist Maß!

Dabei wird die Vernunft aber nicht zum Endpunkt, nicht zum Gesetz, sondern Bremse für ungehindertes Denken. Stillstand, wo doch die richtigen Fragen erst das Ziel anvisieren würden.

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