Michel Foucault – Die Ordnung der Dinge (01)
2. Juni 2018
von Rainer
Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge
(eine kleine Einführung)
(S.462) „Wenn diese Dispositionen (des Wissens d.R.) verschwinden,so wie sie erschienen sind, wenn durch irgendein Ereignis, dessen Möglichkeit wir höchstens vorausahnen können, aber dessen Form oder Verheißung wir im Augenblick noch nicht kennen, diese Dispositionen ins Wanken gerieten, wie an der Grenze des achtzehnten Jahrhunderts die Grundlage des klassischen Denkens es tat, dann kann man sehr wohl wetten, daß der Mensch verschwindet wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand.“
Das ist das Ende.
Das Ende des Buches.
Das Ende des Archäologie-Akts mit dem Foucault 462 Seiten lang die Bedeutung des Wissens und ihrer Ordnungssysteme, sowie deren Veränderungen und Auswirkungen auf das Denken, ihre Prämissen und Prinzipien in der Zeit erforscht.
Aber es ist nicht etwa das resignierte Ende des Denkens – sondern sein/ein anderer Anfang.
Warum werden den Naturwissenschaften und der Mathematik (…“edlen, strengen, notwendigen Wissenschaften…“) in der Wissenschaftsgeschichte eine größere Bedeutung, Wahrheitsnähe und „Vernunft“ zugebilligt als denen, „die die Lebewesen, die Sprachen oder die Ökonomie betreffen“?
These 1: Die Geschichte des nicht formalen Wissens könnte ebenfalls ein System haben.
These 2: Die Untersuchung musste in die Zeit gehen.
These 3: (S.11) Das „Unbewußte der Wissenschaft“ also “die negative Seite der Wissenschaft“, „die sie vom Wege abbringt oder sie stört“ galt es zu erkennen und „ein positives Unbewußtes des Wissens zu enthüllen“.
These 4: Das Buch gilt nicht als abgeschlossen – es gibt ja die „Veränderung“.
Das „Ich“ ging unter durch den Tod Gottes (Nietzsche) – [wir entsinnen uns an die „Moorleiche“ in unserer Diskussion über Heidegger] –
mit dem Tod Gottes beginnt der Tod des Menschen (s.o.)
Foucault betrachtet das Ringen der „exakten“ Wissenschaften mit den „empirischen“ Wissenschaften:
Eine Regel heißt: vernünftig zu sein! (impliziert aber nicht wahr sein).
Theorie der Repräsentation im „klassischen Zeitalter“
(Idealismus als Theorie der Repräsentation? Ralph Schumacher)
„Die meisten idealistischen Wahrnehmungs- und Erkenntnistheorien gehen aus der kritischen Auseinandersetzung mit repräsentationalistischen Positionen hervor, denen zufolge unser kognitiver Zugang zur Wirklichkeit grundsätzlich durch Vorstellungen oder Sinnesdaten vermittelt ist.“
(Portfolio/Die Philosophie von Michel Foucault – ein Meilenstein in der Wissenschaft? / Marietta Calabrese/Uni Bremen)
…Wandel von Wissensstrukturen…der Wissenschaften: Episteme –
Sprich alle Wissensbereiche einer Epoche haben dieses Ordnungsschema als ein paralleles Charakteristikum gemeinsam. Man kann dieses Ordnungsschema auch als methodologische Leitlinie einer Epoche auffassen. Mit seinem Konzept von Episteme sucht Foucault die Idee eines kontinuierlich wachsenden Erkenntnisfortschritts in den modernen Wissenschaften zu dementieren:
„Die Ordnung auf deren Hintergrund wir denken, hat nicht die gleiche Seinsweise wie die der Klassik“
Im klassischen Zeitalter verschwindet das vermittelnde Dritte und zwischen Bezeichnetem und Bezeichnetes existiert nun mehr eine duale Struktur. Basierend auf der Logik von Port Royal wird Denken als Repräsentation von Dingen angesehen. Foucault beschreibt demnach die Episteme der Epoche der klassischen Zeit als Repräsentation und für die Epoche der Moderne nennt Foucault die Episteme Mensch. Zwischen der klassischen Zeit und der Moderne findet wiederum eine Verschiebung der Ordnung der Dinge, „des Weltbildes“ statt, denn im Zentrum der Ordnung der Dinge seht nun nicht mehr die Ordnung selbst, sondern der Mensch, das Subjekt.“
Zur Betrachtung der Theorie der Repräsentation benutzt Foucault das Gemäldes von Velazquez „Las Meninas“. Hier betrachtet der Maler das Model – es ist das Herrscherpaar – es ist nicht
leibhaftig vorhanden sondern eine Reflexion im Spiegel:
das Repräsentierte ist abwesend – das Repräsentierende ist anwesend
Die Reflexion zeigt die Repräsentanten –
bei Hegel: Repräsentation – Reflexion – Begriff
(Lehre vom Sein) (Lehre vom Wesen) (Theorie des —)
(S.269) Bis Anfang 17.Jahrh. galt die Theorie der Ähnlichkeiten (s.dazu S.46), danach kam die
Theorie der Repräsentation (als Bruch mit der Klassik) –
im 19.Jahrhundert bricht das klassische Denken zusammen:
Klassik: Theorie (x) = wahr ≠ Moderne: Theorie (x) = falsch / Irrtum
(S.260) Menschen des 17./18.Jahrh. denken nicht mit dem, was ihnen die vorausgehenden Zeitalter gelassen hatten.
Bei Foucault gibt es „nur“ Seinsweisen , nicht das Sein, da es dadurch metaphysisch wäre!
(S.170f) Wörter und Sachen fallen auseinander → Begriffe unterscheiden sich von den sie bezeichnenden Dingen.
(S.271f) Geschichte wird zu Zeitlichkeit → das Leben wird endlich (Tod) → Wegfall der „unsterblichen Seele“
(S.272) Es entsteht eine Distanz der entwickelten Ordnung zur fundamentalen Ordnung:
1.Ordnung (repräsent) → 2.Ordnung (Präsenz) – [Verstehen u. Wille Gottes]
im 19.Jahrh. wissen wir keinen Anfang mehr
es entsteht eine andere Geschichte: Karl Marx
eine Vernunft, aus der Unvernunft entstanden (→ Nietzsche)
Des Menschen Seinsweise ist die Endlichkeit, es tritt die Zeit in sein Leben
→ es entsteht der endliche Mensch
Hallo Rainer, Du hast mit diesem Beitrag die die Inhalte der academia publica Stunden über Foucaults “Die Ordnung der Dinge” erstaunlich vollständig dargestellt und übersichtlich geordnet. Ich bin bei der Lektüre dieser Zusammenfassung noch einmal alle unsere “Denkwege” des Seminars abgeschritten. Der Text ist ganz wunderbare Erinnerungs- und Übersichtshilfe.
Danke
Gruß
Ida