Was ist Leben?
12. März 2016
von Rainer
Du bewegst dich doch, sagte ich zum Elektromotor und unterstellte ihm damit, dass er lebte.
Als jedoch die Wasserflut kam, sagte ich ihm, “keine Angst, du wirst nicht ersaufen, sorge nur dafür, dass dein Rotor immer genügend Sauerstoff bekommt.”
Mein Elektromotor hörte zwar meine Worte, das Hochwasser jedoch überlebte er nicht.
Ich unterstelle erst einmal, dass er nicht genügend Lebenswillen hatte. So hatte er doch einen genügenden mechanischen Standard: er konnte bei -10 °C und bei 50 °C arbeiten, er war mindestens Spritzwasser geschützt und auch klimatische Besonderheiten machten ihn laut Typenschild keine Probleme. Doch er überlebte nicht – er verreckte!
Offensichtlich ist Bewegung oder die Fähigkeit sich bewegen zu können, kein, eines oder nur eines von vielen Kriterien für Leben.
Mein Motor konnte sich nicht an die äußeren Umstände anpassen. Er tat nur das, wofür er geschaffen wurde, er drehte sich.
Für Leben sind also mehr Dinge notwendig, um dieses zu bezeichnen.
Wachsen, verändern (Evolution), wuchern, mutieren, sich fortpflanzen (mit allen hier enthaltenden komplizierten Prozessen).
Dann kommt noch der Verstand bei Lebewesen der höheren Art hinzu. Diese Wesen sind in der Lage ihre eigene Veränderung wahrzunehmen und zu beschreiben.
Eine weitere Stufe ihrer Vollkommenheit ist die Fähigkeit, sogar über diese Wahrnehmung nachdenken zu können (Hegel: das Sein in Begriffen zu erfassen).
Lebt ein Stein?
Kann es sein, dass etwas lebt, dessen Veränderung in eines Menschen Leben nicht zu erfassen ist?
Leben als pure Veränderung? Ob langsam oder schnell, ob wahrnehmbar oder unmerklich, hieße dies, auch ein Bergrutsch wäre Leben. (Wenn der Prophet nicht zum Berge kommt, kommt der Berg zum Propheten).
Wenn also Leben auch jenseits von Wahrnehmung stattfände, dann lebt alles um uns herum.
Somit könnten wir erst einmal wieder bei der puren Bewegung angelangt sein.
Ein Gas breitet sich aus, ein Körper verändert sich durch Rotation, Sterne verdichten sich oder verdünnen sich – all das müsste auch zum Leben gehören.
Leben wäre also nicht nur biologisch, sondern auch geologisch, astronomisch, kosmologisch und alle diese Prozesse betreffend, die uns umgeben.
Vorläufig:
Es scheint, der wichtige Begriff für das Leben ist die Fortpflanzung…
Hallo Rainer,
Das vorläufige Fazit Deiner Ausführungen scheint mir eher das “Leben” im biologischen Sinne zu erfassen. Das ist wohl die Grundlage für alles Leben in jedem Sinne.
Aber wie siehst Du das Leben aus der philosophischen Brille?
Es wird in diesem Sinne unterschiedlich gesehen: Aus Sicht von Aristoteles ist Leben Selbstbewegung. Für die religiösen Philosophen übernimmt Gott die Rolle des “Bewegens”.Nach Kant ist Leben Bewegung. Wille und Bedürfnis.Bei Schopenhauer gibt es einen Willen zum Leben u.s.f.
Und ich habe keine Ahnung, wie ich es sehen könnte. Die Frage ist wirklich schwer.
Ich bin nicht einmal sicher, ob wir wegen unsere Verstandes “Lebewesen höherer Art” sind, wie Du meinst. Die Lebewesen ohne denselben, richten – was mir allerdings auch wieder nur mein Verstand sagt- nicht soviel Unheil an, wie wir Verstandesbegabte.
Gruß
Ida